(XIV) Siehe die Blumen...
Siehe die Blumen, diese dem Irdischentreuen,
denen wir Schicksal vom Rande des Schicksals leihn, -
aber wer weiß es ! Wenn sie ihr Welken bereuen,
ist es an uns, ihre Reue zu sein.
Alles will schweben. Da gehn wir umher wie Beschwerer,
legen auf alles uns selbst, vom Gewichte entzückt ;
o was sind wir den Dingen für zehrende Lehrer,
weil ihnen ewige Kindheit glückt.
Nähme sie einer ins innige Schlafen und schliefe
tief mit den Dingen - : o wie käme er leicht,
anders zum anderen Tag, aus der gemeinsamen Tiefe.
Oder er bliebe vielleicht ; und sie blühten und priesen
ihn, den Bekehrten, der nun den Ihrigen gleicht,
allen den stillen Geschwistern im Winde der Wiesen.
Rainer Maria Rilke
(1875-1926)
Aus: Die Sonette an Orpheus / Zweiter Teil
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