Urne, Fruchtknoten des Mohns...
Urne, Fruchtknoten des Mohns --,
oh und die leichten, die roten
Blätter, die ihr unwissender Wind entriß...
Wie schon die Söhne des Sohns!
Alle sooft überboten,
jeder einzelne ungewiß.
Und da stürzt sich die Zeit weiter mit ihnen ins Tiefe;
was von den Stürzenden bleibt?
Ein verblichenes Bild und vergilbende Briefe
un in dem, der noch lebt, das, was keiner beschreibt.
Jenes Unsägliche, das wir unendlich beweinen...
Nicht wie Gazelle und Reh,
die in dem künftigen Tier heiter wiedererscheinen,
so verläßlich wie eh.
Unser Besitz ist Verlust. Je kühner, je reiner
wir verlieren, je mehr
Muzot, Ende Oktober 1924
Rainer Maria Rilke
(1875-1926)
Aus: Gedichte und Texte aus dem Nachlaß 1906-1926 / Vier Entwürfe
|