Manger grüezet mich alsô
Manger grüezet mich alsô
(der gruoz tuot mich ze mâze frô),
»Hartmann, gên wir schouwen
ritterlîche frouwen.«
mac er mich mit gemache lân
und île er zuo den frowen gân!
bî frouwen triuwe ich niht vervân,
wan daz ich müede vor in stân.
Ze frowen habe ich einen sin:
als sî mir sint als bin ich in;
wand ich mac baz vertrîben
die zît mit armen wîben.
swar ich kum dâ ist ir vil,
dâ vinde ich die diu mich dâ wil;
diu ist ouch mînes herzen spil:
waz touc mir ein ze hôhez zil?
In mîner tôrheit mir geschach
daz ich zuo zeiner frowen sprach
»frow, ich hân mîne sinne
gewant an iuwer minne.«
dô wart ich twerhes an gesehen.
des wil ich, des sî iu bejehen,
mir wîp in solher mâze spehen
diu mir des niht enlânt geschehen.
Manch einer grüßet mich nun so
(der Gruß macht mich nur mässig froh):
»Hartmann, lass uns mal schauen
nach des Ritters gebührenden Frauen.«
Soll er mich damit bloß alleine lassen,
und er sich eilig mit ihnen befassen!
Bei denen traue ich mich kaum mehr,
als stehen vor ihnen: müde und schwer.
Gegen vornehme Damen ist mein Sinn rein:
Wie sie zu mir sind - werd´ ich zu ihnen sein;
wenn ich mir also meine Zeit vertreibe,
dann besser mit einem geringeren Weibe.
Wo ich auch hinkomm´ sind ihrer soviel,
da finde ich die, die mich auch will;
die ist schon auch meines Herzens Spiel:
was nützte mir denn ein zu hohes Ziel?
Einmal, in Torheit, griff ich danach,
also ich zu einer hohen Dame sprach:
»Frau, ich hab´ meine Sinne verschenkt,
und einzig auf Eure Liebe gelenkt.«
Da wurde ich aber schief angesehen!
Nun werd´ ich, nun könnt ihr's verstehen,
nicht mehr nach solcher Liebe ausspähn,
das soll mir nämlich nicht wieder geschehn!
Übersetzt von Andreas Spindler (info@sternenfall.de)
Hartmann von Aue
(1170-1220)
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