Ich wirbe umb allez daz ein man

Ich wirbe umb allez daz ein man
ze wereltlīchen fröiden iemer haben sol.
daz ist ein wīp der ich enkan
nāch ir vil grōzen werdekeit gesprechen wol.
lob ich si sō man ander frowen tuot,
dazn nimet eht si von mir niht für guot.
doch swer ich des, sist an der stat
dās ūz wīplīchen tugenden nie fuoz getrat.
daz ist in mat.

Si ist mir liep, und dunket mich
daz ich ir volleclīche gar unmęre sī.
nu waz dar umbe? daz līd ich,
und bin ir doch mit triuwen stęteclīchen bī.
waz obe ein wunder līhte an mir geschiht,
daz si mich eteswenne gerne siht?
sā denne lāze ich āne haz,
swer giht daz ime an fröiden sī gelungen baz:
der habe im daz.

Und ist daz mirs mīn sęlde gan
deich abe ir redendem munde ein küssen mac versteln,
gīt got deichz mit mir bringe dan,
sō wil ichz tougenlīche tragen und iemer heln.
und ist daz siz für grōze swęre hāt
und vźhet mich dur mīne missetāt,
waz tuon ich danne, unsęlic man?
dā heb i'z ūf und legez hin wider dā ichz dā nan,
als ich wol kan.

Reinmar von Hagenau  (?-1210)



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