Ich verrinne...
Ich verrinne, ich verrinne
wie Sand, der durch Finger rinnt.
Ich habe auf einmal so viele Sinne,
die alle anders durstig sind.
Ich fühle mich an hundert Stellen
schwellen und schmerzen.
Aber am meisten mitten im Herzen.
Ich möchte sterben. Lass mich allein.
Ich glaube, es wird mir gelingen,
so bange zu sein,
dass mir die Pulse zerspringen.
Stimme eines jungen Bruders
Rainer Maria Rilke
(1875-1926)
Aus: Das Stundenbuch / Buch vom Mönchischen Leben (1899)
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