Literarische Epochen

Verzeichnis der literarischen Epochen.

Realismus (1830-1890)

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Mit Realismus wird in der Literaturgeschichte eine literarische Strömung im 19. Jahrhundert bezeichnet, die etwa von 1830 bis 1890 datiert. Ab 1850 in Deutschland auch "bürgerlicher Realismus", "poetischer Realismus".

Der Realismus objektiviert die fassbare, sinnliche Welt durch Schilderungen, die auf Beobachtungen basieren. Eine künstlerische Verklärung, Verzerrung, Erneuerung der wahrgenommenen Welt wird vermieden. Probleme des menschlichen Alltags werden behandelt und verständlich dargestellt. Die subjektive Sicht des Schriftstellers wird verschwiegen. Er ahmt die Wirklichkeit in seinem Werk nach - und schliesst dabei durchaus auch seelische Vorgänge ein. Gerade die inneren Aspekte der Charaktere erhält eine zentrale Bedeutung, um das Dasein des Individuums in der Gesellschaft zu beschreiben.

Der Realimus war als Eigenschaft der Literatur nicht neu. Er zieht sich durch sämtliche Epochen, und Strömungen der Literatur in England, Frankreich, Deutschland, Russland seit dem Mittelalter. Er war schon in antiken Dramen zu finden.

Bedeutende Autoren des Realismus in Frankreich: Honoré de Balzac, Victor Hugo, Gustave Flaubert und Guy de Maupassant; in Deutschland Theodor Storm, Theodor Fontane, Gottfried Keller; in Russland Leo Tolstoi, Fjodor Dostojewski.

Dichter des Realismus auf Sternenfall sind u.a. nextMarie von Ebner-Eschenbach und nextHeinrich Heine.

Realismus in Deutschland

Der erweiterte Realismus in "romantischen" Deutschland war offen für reine Erfindung und Poetisches. Hierzulande wirkte noch die Weimarer Klassik (Goethe, Schiller) fort - und mit ihr die Vorstellung der Mensch sei vervollkommbar. Das Schöne behielt seinen Wert, und somit auch die Schönheit in der Kunst. Man beschränkte sich nicht nur auf bloße Beschreibung der Wirklichkeit. Man arbeitete eine "ästhetischere Realität" aus, etwa im sog. Bildungsroman der seine Leser erziehen wollte, oder in Sittengemälden, wie sie Fontane meisterhaft schrieb.

Ein weiteres Merkmal: die Bewegung wurde vom Bürgertum getragen, und so sind die Romane und Novellen (beides bevorzugte Ausdrucksformen des Realismus) meist dort angesiedelt.

In Deutschland ist der Realismus auch stark mit den politischen Entwicklungen verknüpft. Anfänglich war noch die optimistischen Hinwendung ins Diesseits prägend. Die Betonung des Gefühls und der Empfindung gaben die Richtung vor. Der starke Glaube an den technischen Fortschritt und der technische Fortschritt selbst gaben zu grenzenlosem Optimismus Anlass (lat: Homo homini deus - Der Mensch dem Menschen ein Gott).

Historischer Kontext (Sozialismus)

1847 formulierten Karl Marx und Friedrich Engels das Kommunistische Manifest, die wesentliche Schrift der Arbeiterbewegung weltweit. In Rußland führte das zum sog. "sozialistischen Realismus" in der Literatur. Die von der Arbeiterschicht getragene Märzrevolution von 1848 folgte eine neue Verfassung und die Lockerung der Zensur. Dies begünstigte auch einen Wandel in der Literatur. Zwar hielt sich der Realismus frei von Ideologien oder Ideologiekritik, dennoch deckte er sich mit manche Auffassungen der Arbeiterbewegung und des Sozialismus. Es war die Arbeiterschicht, die unter den sozialen und wirtschaftlichen Umständen der Industrialisierung am schwersten zu leiden hatte. Ihr Alltag fand unter erbärmlichen Umständen statt. Sie waren die Verlierer der neuen Ökonomie. Zudem stellte der Realismus auch die Frage nach der nationalen Einheit - bis zur Gründung des Deutschen Reich 1871.

Der Pessimusmus der späten Jahre

Mit den sich verschärfenden sozialen Problemen wurde der Realismus in späteren Jahren pessimistischer. Hinzu kamen die neuen Erkenntnisse der Evolutionstheorie: nicht der Mensch erschuf sich oder ist von Gott erschaffen, sondern er ist ein Produkt des Zufalls, eine freie Verballung von Ordnung die innerhalb seines Körpers abläuft -- und von dort seinen Ausdruck findet.

Seine ganze gegenwärtige Existenz verdankt er dem Druck der Arten untereinander. Scheinbar wurde der Mensch also auch auf der hohen Ebenen der Natur äußerlich bestimmt; wurde "fremd-bestimmt". Was war das aber für eine Stimme? War das noch Gott?

Was im speziellen Fall der Arbeiterschaft Land- und Fabriksbesitzer waren, war im allgemeinen Fall des Menschen die Natur. Sie ließ nicht mit sich reden. Nicht des Menschen gedacht-freier oder ein umfassend-göttliche Wille gibt ihm seine Richtung vor... sondern die Mutation, also der Fall seiner inneren Anlagen (später: Gene) und eine blinde, gnadenlose Selektion die nur der überlebt, der sich den Umständen anpasst.

Es war lächerlich. Die Existenz schien a priori sinnlos und kann nur verloren werden (nämlich durch dem Tod). Es war gerade so wie es Schiller sagte:

    Nur ein Irrtum ist das Leben und das Wissen ist der Tod

Was einst den Griechen und Römer zum Weltruhm reichte, was Goethe und Schiller wieder entdeckten und von dem sie glaubten, es könnte genügen den Menschen zu erlösen: damit war es gründlich vorbei. Jetzt waren deutsche Romantiker angehalten ihre Träume zu begraben. Realistisch betrachtet durfte man den Menschen getrost unter die Tiere ordnen, und die Kunst unter die Einbildung.

25.10.2005/asp



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