Morgen-Sonett
Die ewig helle Schar will nun ihr Licht verschlissen
Diane steht erblasst; die Morgenröte lacht
Den grauen Himmel an, der sanfte Wind erwacht
Und reizt das Federvolk den neuen Tag zu grüßen.
Das Leben dieser Welt eilt schon die Welt zu küssen
Und steckt sein Haupt empor man sieht der Strahlen Pracht
Nun blinkern auf der See: O dreimal höchste Macht
Erleuchte den der sich itzt beugt vor deinen Füßen.
Vertreib die dicke Nacht die meine Seel umgibt
Die Schmerzen Finsternis die Herz und Geist betrübt
Erquicke mein Gemüt und stärke mein Vertrauen.
Gib dass ich diesen Tag in Deinem Dienst allein
Zubring; und wenn mein End´ und jener Tag bricht ein
Dass ich dich meine Sonn mein Licht mög ewig schauen.
Andreas Gryphius
(1614-1664)
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