Nadowessische Totenklage
Diese Schenkel, die behender
Flohen durch den Schnee,
Als der Hirsch, der Zwanzigender
Als des Berges Reh.
Diese Arme, die den Bogen
Spannten streng und straff!
Seht, das Leben ist entflogen,
Seht, sie hängen schlaff!
Wohl ihm! Er ist hingegangen,
Wo kein Schnee mehr ist,
Wo mit Mais die Felder prangen
Der von selber sprießt.
Wo mit Vögeln alle Sträuche,
Wo der Wald mit Wild,
Wo mit Fischen alle Teiche
Lustig sind gefüllt.
Mit den Geistern speist er droben,
Ließ uns hier allein,
Daß wir seine Taten loben,
Und ihn scharren ein.
Bringet her die letzten Gaben,
Stimmt die Totenklag´!
Alles sei mit ihm begraben,
Was ihn freuen mag.
Legt ihm unters Haupt die Beile,
Die er tapfer schwang,
Auch des Bären fette Keule,
Denn der Weg ist lang.
Auch das Messer scharf geschliffen,
Das vom Feindeskopf
Rasch mit drei geschickten Griffen
Schälte Haupt und Schopf.
Farben auch, den Leib zu mahlen
Steckt ihm in die Hand,
Daß er rötlich möge strahlen
In der Seelen Land.
Friedrich Schiller
(1759-1805)
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